Bisher ist man in Bad Waldliesborn immer davon ausgegangen, dass der Schützenverein am 23. Januar des Jahres 1921 in der damaligen Gaststätte „Hubertusburg“ (heute: ‚Haus des Gastes‘) an der seiner Zeit so genannten „Wiedenbrücker Chaussee“ gelegen (heute: Quellenstraße) gegründet worden ist. Das hat auch seine Richtigkeit, bekommt aber im Lichte einer aktuellen Recherche eine neue Bedeutung, denn bereits vor dem I. Weltkrieg, nämlich im Jahre 1911, hatte sich in der damaligen Liesborner Bauerschaft Suderlage (heute: Bad Waldliesborn) bereits ein Schützenverein gegründet, der aber von Amts wegen nicht genehmigt wurde. Das beweisen Akten im Archiv des Kreises Warendorf, die jüngst vom Verfasser dieses Berichtes eingesehen werden konnten.
Aus den handschriftlichen Unterlagen im Archiv des Kreises Warendorf geht zweifelsfrei hervor, dass sich im Jahre 1911 ein Schützenverein in Suderlage gegründet hat. Im Vorspann zu den 24 umfassenden Paragraphen der neuen Satzung, die ebenfalls in vollem Wortlaut im Warendorfer Archiv vorliegt, heißtes: „Der Schützen-Verein der Gemeinde Liesborn-Suderlage und Umgegend mit dem Sitze in Suderlage, welcher den Namen „Suderlager-Schützen-Verein“ führt, hat sich am 19. März 1911 im Gasthof Schulte (Wiedenbrücker Chaussee) unter folgenden Satzungen gebildet.“ Daraufhin richtet der neue Vorstand des Suderlager Schützenvereins ein Gesuch an das zuständige Amt zu Liesborn, zu Händen des Herrn Amtmann Block (Leiter des Amtes Liesborn), um Erteilung zum Feiern eines Schützenfestes. Die Satzungen des neuen Vereins wurden damals diesem Gesuch beigefügt. Das Schreiben an das Amt Liesborn trägt das Datum des 27. Mai 1911 und hat folgenden Wortlaut: „Unterzeichneter Schützenverein ersucht höflichst um die Erteilung zum Feiern des Schützenfestes nach nachstehendem Programm. Der Schützenverein hat beschlossen, dass das erste Fest am 30. Und 31. Juli 1911 stattfinden soll. Am Tage vorher findet nachmittags gegen 3 Uhr anstatt des sonst üblichen Zapfenstreiches das Vogelschießen statt. Am 30. Juli nachmittags 3 Uhr Abholen des Königspaares. Im Anschluss daran Concert Polonaise mit anschließendem Ball bis 2 Uhr. Am 31. Juli morgens 7 Uhr Vereinsmesse in Suderlage. Nachmittags 3 Uhr Abholen des Königspaares mit anschließender Concert Polonaise und Ball bis gegen 2 Uhr. Das Vogelschießen soll auf dem Grundstücke des Herrn Peter Kaltegärtner stattfinden, welches ein sorgefreies Terrain von mindestens 1200 Meter bietet. Zum Festplatz ist die Wiese des Herrn Caspar Schnitker, welches stark an der Wiedenbrücker Chaussee liegt, bestimmt, und hat der Wirt NN die Restauration auf dem Festplatz übernommen. Um Erteilung der Genehmigung des Vorstehenden ersucht höflichst im Namen des Vorstandes des Suderlager Schützenvereins.“ Unterzeichnet ist das Schreiben von einem der neuen Vorstandsmitglieder: Hermann Kaltegärtner. Der Eingang des Gesuches beim Amt Liesborn wird unter dem 28.5.1911 vermerkt.
Die Antwort an den Suderlager Schützenverein durch Amtmann Block in Liesborn lässt nicht lange auf sich warten, denn bereits unter dem Datum des 30.5.1911 erteilt er dem Gesuch in einem kurzen Schreiben eine deutliche Absage. Es heißt dort: „An Antragsteller auf das Gesuch vom 27. d. Mt. (Monats). Mit Rücksicht auf die vielen Ausschreitungen, die in den letzten Jahren in der Bauerschaft Suderlage vorgekommen sind, wird zu den geplanten Aufzügen und dem Schießen nach dem Vogel des Schützenvereins überhaupt die Genehmigung versagt. Tanzerlaubnis, Genehmigung zur Verlängerung der Polizeistunde sowie zur Ausübung der Schankwirtschaft auf dem sogenannten Festplatz kann ebenfalls nicht erteilt werden. Block.“
Gegen dieses Schreiben wehrt sich der neugegründete Suderlager Schützenverein mit einem schriftlichen Einspruch an die nächst höhere Instanz. In diesem Fall ist das der Landrat des Kreises Beckum. Unter dem Datum des 13.6.1911 schickt der Schützenverein Suderlage dieses Schreiben als Einspruch auf die Antwort von Amtmann Block an den Landrat nach Beckum: „Der Schützenverein Suderlage sendet unter dem 30.5.1911 Abschrift vorstehenden Gesuches und des derzeitigen abschlägigen Bescheides vom 27. Mai an den Herrn Landrat zu Beckum mit folgender Erklärung: Da aber die Gründe mit dem Suderlager Schützenverein nichts damit zu tun haben und selbiger ein neu gegründeter Verein ist, so ersucht derselbe höflichst um Erteilung der Genehmigung im Namen des Suderlager Schützenvereins.“ Unterschrieben ist das Schriftstück vom gleichen Vorstandsmitglied, das zuvor auch das Gesuch an den Liesborner Amtmann Block unterzeichnet hat.
Der Landrat in Beckum scheint daraufhin Amtmann Block aufgefordert zu haben, seine Absage an den Suderlager Schützenverein näher zu begründen, denn Amtmann Block richtet unter dem Datum des 16.6.1911 diese für heutige Verhältnisse unverfroren und gehässig klingenden Zeilen an den Beckumer Landrat: „Der Suderlager Schützenverein besteht zumeist aus jungen Leuten, die die Freiheit der Vereinsbildung benutzen wollen, um ihr Tun und Treiben polizeilicher Aufsicht zu entziehen. Die wirklich vernünftigen und ordentlichen Leute in Suderlage meiden den Verein. Die Hauptanführer (hier werden 14 Schützenbrüder namentlich aufgeführt, aus Datenschutzgründen aber nicht genannt) und noch mehr dürften auch daseits hinreichend bekannt sein. Die meisten von ihnen fehlen bei keiner Schöffengerichtssitzung in Oelde, um sich entweder wegen Jagdvergehen, Diebstahl, Sittlichkeitsverbrechen, Körperverletzung, Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung zu verantworten, sind entweder gerichtlich oder polizeilich vorbestraft. Die Gendarmen und Polizeisergeanten, die vor nicht langen Wochen fast tagtäglich in Suderlage patrouillieren mussten, dürften wieder zu Hause sein. Ich hielt aus diesen Gründen und weil das Mitführen von Waffen in erregter Stimmung bereits Anlass zu Gewalttätigkeiten mit einer solchen Gesellschaft geben kann, in sicherheitspolizeilichem Interesse mich für verpflichtet, die Genehmigung zur Veranstaltung eines Aufzuges und mit Waffen zum Schießen auf den Vogel, zu versagen. Die vielen Ausschreitungen in Suderlage, an denen eine große Zahl der Vereinsmitglieder beteiligt war, hatte mich schon im Winter veranlasst beim Vereinswirt die Polizeistunde auf 9 Uhr festzusetzen, zur Erteilung einer Schankerlaubnis noch dazu für 2 Tage und bis 2 Uhr nachts liegt ganz gewiss heute kein Bedürfnis ebenso wenig wie für die Genehmigung zur Ausübung der Schankwirtschaft auf dem sogenannten Festplatz vor. Anständige Menschen werden ein Fest eines derartigen Vereins wohl kaum besuchen. Bl(ock).“
Nach solchen pauschalen, massiven und bösartigen Bloßstellungen fast einer gesamten Bauerschaft durch den Liesborner Amtmann fiel es dem Beckumer Landrat natürlich nicht schwer, die Ablehnung des Gesuches auf Gründung eines Schützenvereins in Suderlage zu bestätigen. Er tut dies in einem äußerst knapp gehaltenen Schreiben mit den Worten: „An NN durch den Amtmann. Nach Prüfung der Verhältnisse liegt für mich keine Veranlassung vor, den Bescheid der Ortspolizeibehörde Liesborn vom 30. des Monats aufzuheben“.
So blieb es im Jahre 1911 in Suderlage (die Ortsbezeichnung Bad Waldliesborn wurde ja erst mit dem Anschluss an die Rhedaer Bahn am 1. Mai 1914 eingeführt) wohl oder übel zunächst dabei, dass kein Schützenverein zustande kam, weil ein kleiner preußischer Kommunalbeamter das für richtig hielt und durchsetzte und damit, wenn man die vorliegende immerhin 83 Personen umfassende Mitgliederliste des geplanten Schützenvereins einmal zu Grunde legt, pauschal fast eine gesamte Bauerschaft diskreditierte. Doch die Suderlager (bzw. ab 1914 die Bad Waldliesborner) ließen sich nicht unterkriegen. Mochte sie der Ausbruch des Ersten Weltkrieges noch vorerst daran hindern, einen neuen Versuch zur Gründung eines Schützenvereins zu unternehmen, gelang es ihnen, zehn Jahre nach dem ersten 1911 böswillig verhinderten Versuch, am 23. Januar 1921 einen Schützenverein aus der Taufe zu heben, der heute mit über 1000 Mitgliedern zum größten Verein im Ort und zu einem der größten im weiten Umkreis zählt.
Nach mündlicher Überlieferung sollen die treibende Kraft zur erneuten Gründung eines Schützenvereins junge Waldliesborner Männer unter der Federführung von Everhard Roggenkamp (ein Bruder des späteren Oberst Josef Roggenkamp, er amtierte 30 Jahre lang von 1931 – 1961 als Oberst) gewesen sein, die bald maßgeblich von Liesborner Landwirten von der Drift, u.a. von Wilhelm Schulze Waltrup und August Grothues in ihren Vorhaben unterstützt wurden. Der erste schriftliche Nachweis aus der Zeit der Gründung des Vereins ist das Protokoll der Gründungsversammlung, die in der Gaststätte ‚Hubertusburg‘ beim Gastwirt Bernhard Giebeler (heute: Haus des Gastes) an der damaligen Wiedenbrücker Chaussee (heute: Quellenstraße) stattfand. Es heißt dort: „Gründungsprotokoll des Schützenvereins Suderlage-Waldliesborn von der ersten Sitzung am Sonntag, dem 23. Januar 1921. Zwecks Bildung eines Schützenvereins versammelten sich auf Einladung durch den vorläufigen Vorstand Heinrich Loddenkämper, Karl Kaltegärtner, Gerhard Stöppel, Heinrich Kleickmann, Wilhelm Loddenkämper, Anton Dietz, Everhard Roggenkamp und 87 Mitglieder am 23. Januar d. Jahres in der Wirtschaft ‚Hubertusburg‘ bei B. Giebeler. Auf Anregung von Mitgliedern wurde der vorläufige Vorstand ersucht, erst darüber abstimmen lassen zu wollen, ob ein Volksverein oder ein Schützenverein gebildet werden sollte. Die Abstimmung, die durch Erheben von den Sitzen vorgenommen wurde, ergab mit Stimmenmehrheit einen Schützenverein. Hierauf wurde zur Wahl des Vorstandes geschritten, und zwar durch Abgabe von Stimmzetteln. Aus dieser Wahl gingen hervor: 1. Als Oberst und Vorsitzender Herr Wilhelm Schulze Waltrup mit 79 Stimmen, als Major Herr Heinrich Loddenkemper mit 45 Stimmen, als Schriftführer Herr Josef Niemann mit 71 Stimmen, als Rendant Herr Anton Dietz mit 58 Stimmen. Zu Stellvertretern wurden gewählt: Für den Oberst und Vorsitzenden Herr Heinrich Grüter mit 60 Stimmen, für den Major Herr Heinrich Kleickmann 34 Stimmen, für den Schriftführer Herr Karl Kaltegärtner mit 56 Stimmen, für den Rendant Herr Wilhelm Heitzig mit 54 Stimmen, als Ersatzmann Herr Fritz Giebeler mit 28 Stimmen. Die Wahl ist von sämtlichen gewählten Herren angenommen worden. In der am Mittwoch, den 26. Januar stattgefundenen Vorstandssitzung lehnte Herr Heinrich Grüter die Stellung als stellvertretender Oberst und Vorsitzender ab und schlug hierfür Fritz Giebeler vor, der die Wahl auch annahm. Heinrich Grüter tritt somit an die Stelle als Ersatzmann im Vorstand. Die nächste Mitgliederversammlung findet am 27. Februar d. J., nachmittags 4 Uhr, im ‚Lindenhof‘ bei Eduard Ostermann statt. Da der größte Teil der Mitglieder sich schon gegen 7 Uhr entfernt hatte, so konnte ein Schluss der Versammlung nicht erfolgen. Die Mitglieder werden gebeten, für die Folge den Schluss der Versammlung abzuwarten. Einwendungen gegen dieses Protokoll sind nicht erfolgt. Geschlossen. Suderlage, den 27. Februar 1921. W. Waltrup, Oberst und Vorsitzender; Loddenkemper, Major; Niemann, Schriftführer; Dietz, Rendant.
Unverständlicherweise taucht der Waldliesborner Everhard Roggenkamp, der die Idee zur Gründung eines Schützenvereins in Waldliesborn nach Ende des I. Weltkrieges auf den Weg brachte, weder im Vorstand noch im ersten Verzeichnis der Mitglieder auf. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er (wahrscheinlich ‚der Liebe wegen‘, die ihn nach Wiedenbrück führte), Waldliesborn zur Zeit der Vereinsgründung bereits verlassen hatte.
Auf der zweiten Generalversammlung, die bereits einen Monat nach der am 23. Januar 1921 erfolgten Gründung des Vereins am 27. Februar 1921 im Gasthof ‚Lindenhof‘ (heute: China-Restaurant ‚Neue Mitte‘ an der Quellenstrasse) stattfand, wurden vom neuen Vorsitzenden und Oberst des Vereins, Wilhelm Schulze Waltrup, der sich noch einmal für das ihm entgegengebrachte Vertrauen bedankte, die neuen Vereinssatzungen dargelegt und erläutert. Diese waren fast vollständig vom bereits bestehenden Cappeler Nachbar-Schützenverein übernommen worden. Sie wurden von den 198 anwesenden Mitgliedern einstimmig angenommen und verabschiedet. Der Termin des ersten Schützenfestes wurde sodann auf das Wochenende des 17. und 18. Juli 1921 festgelegt. Die anschließenden Offizierswahlen brachten folgende Ergebnisse: Konrad Hammelbeck (Hauptmann), Konrad Helfmeier, Franz Becker und Franz Wortmeier (Zugführer), Wilhelm Junkerkalefeld, Josef Roggenkamp und Heinrich Ortkemper (Fahnenträger), August Grothues (Adjutant des Obersts), Bernhard Weitkemper (Adjutant des Majors), Max Giebeler (Adjutant des Königspaares und Mundschenk).
Die Anzugsordnung für die Offiziere wurde wie folgt festgelegt: Schützenhut (zu kaufen bei Jungmann in Liesborn), schwarze Anzugsjacke, weiße Hose, grün-weiße Schärpe und Schulterstücke. Auch alle anderen Mitglieder ohne Funktion wurden gebeten, nach Möglichkeit mit Schützenhut in dunkler Jacke und weißer Hose zu erscheinen. Für die Beschaffung einer neuen Vereinsfahne, Ordensketten, Orden, Diadem für die Königin, Haftpflichtbeiträge, usw. wurde der Vorsitzende ermächtigt, ein Darlehen bei der Spar- und Darlehnskasse in Liesborn aufzunehmen. Ferner wurde der Mitgliedsbeitrag auf 20 Mark festgelegt. Gegen Ende der Versammlung wurden Pfarr-Rektor Franz Beermann und Lehrer Heinrich Terhaar zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Vier Tage vor dem ersten Schützenfest fand dann noch einmal eine Generalversammlung statt, die von 103 Schützenbrüdern wiederum gut besucht war. Letzte Einzelheiten zum Ablauf des ersten Fest wurden besprochen und festgelegt: So wurden 10 Schützenbrüder als Ordner für den Festplatz sowie einige Warnungsposten beim Vogelschießen bestimmt. Es blieb dabei, das Fest auf der Wiese des Landwirtes Gerhard Heitmeier (Lütkebornefeld) auf dem heutigen Anwesen der Pension Pöhling an der Liesborner Straße zu feiern. Dem Protokoll ist zu entnehmen, dass der Verpächter dafür 400 Mark erhalten hat mit dem Versprechen, seine Wiese auch in den nächsten Jahren für das Feiern weiterer Schützenfeste zur Verfügung stellen will. Mir der Ausschmückung des Festplatzes und des Festzeltes wurde der Schütze Wilhelm Brinkmann betraut unter Beihilfe von sich freiwillig meldenden Schützen. So war man zum ersten Fest des neu gegründeten Schützenvereins Suderlage – Waldliesborn bereit und bestens vorbereitet.
Über den Verlauf des ersten Schützenfestes am 16., 17. Und 18. Juli 1921 ist eigens ein besonderes Protokoll vom damaligen Schriftführer Niemann im neu angelegten Protokollbuch verfasst worden:
„Das Fest wurde eingeleitet am 16. Juli 1921 nachmittags mit dem Zapfenstreich und Aufsetzen des Schützenvogels auf der Wiese des Landwirtes Kaltegärtner zu Suderlage. (Dazu muss ergänzend und erklärend hinzugefügt werden, dass die erste Vogelstange des Vereins nicht auf dem Schützenplatz an der Liesborner Straße aufgestellt worden war, sondern aus Sicherheitsgründen auf der Wiese des Landwirtes Kaltegärtner (heute: Braukhof an der Braukstraße). An dieser Stelle bei Kaltegärtner blieb die Vogelstange bis der Schützenplatz zum Sportplatz am heutigen Birkenweg verlegt wurde). Am Sonntag, d. 17. Juli morgens 7 Uhr wurde dem Schützenoberst ein Ständchen gebracht. Von 11 Uhr ab fand ein Konzert auf dem Schützenplatz statt. Die Beteiligung war eine mittelmäßige, ein gutes Zeichen, dass man sich für den Nachmittagsbesuch vorbereitete. Um 2 Uhr nachmittags traten die Schützen auf dem Festplatze an, um nach Abholung der Fahne den Schützenoberst von seiner Wohnung abzuholen. Um 4 Uhr fand unter großer Beteiligung der Schützenvereine von Cappel und Göttingen, des Kriegervereins von Benteler sowie einer großen Zuschauermenge aus Lippstadt und den umliegenden Orten die Fahnenweihe statt. Sie begann mit einem Prolog durch die Ehrendamen Fräulein Henckemeier und Knepper vor der Weihe und mit einem Epilog von den Damen Fräulein Heitzig und Grüter nach der Weihe. Den eigentlichen Weiheakt vollzog Herr Amtmann Block aus Liesborn. (Amtmann Block als Leiter des Amtes Liesborn war derjenige, der 1911 die bereits erfolgte Gründung eines Schützenvereins in Suderlage verboten hatte, im Jahre 1921 dann aber seltsamerweise die erste Schützenfahne mit einer vaterländischen Rede dem Schützenverein Suderlage-Waldliesborn widmete und übergab. Daran sieht man, dass auch ein preußischer Beamter damals seine Meinung ändern konnte) Seine Rede endete mit einem Hoch auf das deutsche Vaterland und dem Liede ‚Deutschland, Deutschland über alles‘. Hierauf folgte Tanz und Volksbelustigung. Die Beteiligung war bei dem schönen Wetter eine recht rege. Der Festwirt, Herr B. Giebeler, hat auch hier gezeigt, dass er einem solchen Feste gewachsen war, ihm haben wir es mit zu verdanken, dass das Fest einen solch schönen Verlauf genommen hat. Am Montagmorgen 7 Uhr traten die Schützen auf dem Festplatz wieder an, um nach Abholung der Fahne der Schützenmesse unter dem Herrn Pfarr-Rektor Beermann beizuwohnen. Möge diese feierlich verlaufene Schützenmesse ein Ansporn für die jungen Mitglieder sein, dass auch sie auf der einmal geschaffenen Bahn weiter streben mit dem Wunsche, dafür zu sorgen, dass die späteren Feste stets einen solchen schönen Verlauf nehmen mögen. Nach der Schützenmesse zogen die Schützen mit klingendem Spiel zum Vogelschießen. Die Königswürde errang nach schwerem Kampfe der Landwirt August Grothues, der sich Frau Austerhoff geb. Sieding aus Suderlage zur Königin erkor. König August I. von Suderlage – Waldliesborn: Damit ist die Republik Suderlage – Waldliesborn wieder verschwunden. Kronprinz wurde der Schütze Josef Liekenbrock, Zepterprinz Bernhard Glennemeier. Aus Anlass des schönen Festes ernannte der Herr Oberst den Schützen Hermann Brinkmann zum Gefreiten. Der Verein darf mit Stolz auf sein erstes ungetrübt und schön verlaufenes Fest zurückblicken. Möge er blühen, wachsen und gedeihen und stets sich des Wahlspruches, der auf der Schützenfahne für ewige Zeiten festgehalten ist: ‚IN STURM UND NOT, TREU BIS ZUM TOD‘ immer vor Augen halten.“
Bis auf das Jahr 1923 (wirtschaftliche Lage) und die Jahre 1940 bis 1949 (Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit) sowie bis auf das vergangene Jahr 2020 (bedingt durch die Corona-Pandemie) konnte der Verein bis auf den heutigen Tag insgesamt 87 Schützenfeste als gelungene große Volks- und Heimatfeste feiern und seine Mitgliederzahl im Laufe der Zeit auf über 1000 Schützenbrüder steigern, die sich in den verflossenen 100 Jahren als Idealisten verantwortungsbewusst der Schützenideale ‚Glaube, Sitte und Heimat‘ annahmen, getreu dem Erbe ihrer Väter, die den Verein vor 100 Jahren ins Leben riefen. 100 Jahre Schützenverein Bad Waldliesborn wurden nur ermöglicht durch die Tatkraft vieler Waldliesborner Bürger, die immer treu zu ihrem Heimatverein gestanden haben. 100 Jahre Schützenverein Bad Waldliesborn bedeuten, die Tradition zu wahren und die Zukunft zu meistern.
Bleibt zum Schluss nur zu hoffen, dass „Corona“ es zulässt, das 100jährige Jubiläum des größten Waldliesborner Vereins am zweiten Wochenende im Juli 2021 gebührend feiern zu können.
Benutzte Quellen:
Akten KAW AL B 270 und AL B 271 des Kreisarchivs Warendorf
Protokollbuch des Schützenvereins Bad Waldliesborn, Buch I (1921 – 1971)
Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Schützenvereins im Jahre 1971
Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Schützenvereins im Jahre 1996