2020 ihren 100. Geburtstag feierte und die heute noch anlässlich der Bad Waldliesborner Schützenfeste zum Einsatz kommt. Da der Schützenverein Suderlage-Waldliesborn erst im Jahre 1921 sein 100jähriges Bestehen feiert, das Baujahr der besagten Böllerkanone aber vor diesem Termin liegt, soll hier die wechselvolle Geschichte dieses Brauchtum-Schussgerätes aufgezeigt werden.
Kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges hatte der Waldliesborner Gärtnermeister Wilhelm Brinkmann (* 27.01.1897, + 05.05.1958) als Mitglied des im Jahre 1900 gegründeten Krieger- und Landwehrvereins Benteler die Idee, für besondere Anlässe dieses Vereins in Eigenleistung eine Böllerkanone zu bauen. In dem Benteleraner Hermann Schienstock fand er einen begeisterten Mitstreiter, der für die Kanone von einem alten ausgemusterten Pflug sogar die Eisenräder für die Kanone beisteuerte.
Nach Fertigstellung der Böllerkanone blieb das neue Schussgerät Privateigentum von Wilhelm Brinkmann, in dessen Gärtnerei sie auch ihren festen Standort einnahm und Brinkmann die Befugnisgewalt darüber behielt.
Zum Einsatz kam die Kanone dann immer wieder zu besonderen Anlässen des Krieger- und Landwehrvereins Benteler, wo sie in Benteler durch Josef Kramer bedient wurde, und bald auch bei Festen des neu gegründeten Schützenvereins Suderlage-Waldliesborn, wo der Beschuss im Auftrag von Wilhelm Brinkmann durch Wilhelm Winkelnkemper vorgenommen wurde. Aber nach jedem Einsatz fand die Kanone ihren Weg zurück zu Wilhelm Brinkmann, in dessen Privatbesitz sie sich ja auch schließlich von Anfang an befand. Darüber gab es sogar eine schriftliche Vereinbarung, die besagte, dass Wilhelm Brinkmann bereit war, die Kanone dem Kriegerverein Benteler und dem Schützenverein Suderlage-Waldliesborn zum Böllern aus besonderen Anlässen als Leihgabe zur Verfügung zu stellen.
Den Zweiten Weltkrieg überstand die Böllerkanone versteckt im Hause Brinkmann. Zum ersten Nachkriegsschützenfest des Schützenvereins Bad Waldliesborn im Jahre 1950 vermachte Wilhelm Brinkmann die Kanone an den Schützenverein Bad Waldliesborn, der damit neuer Eigentümer wurde. Seit dieser Zeit stand die Kanone bei Wilhelm Winkelnkemper, der sie auch weiterhin bediente. Später übernahm diese Aufgabe sein Sohn Klaus-Herbert. Anlässe des Schießens waren in der ersten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Eröffnung der Schützenfeste, der Abschuss des Schützenvogels mit Bekanntgabe des neuen Schützenkönigs am Montagmittag eines jeden Schützenfestes, die Gefallenenehrungen während des Schützenfestgottesdienstes und anlässlich der Gedenkstunde am Volkstrauertag sowie zur Fronleichnamsprozession an den vier Stationen.
das damalige Mitglied des Festausschusses im Vorstand, Hermann Brinkmann, schlug vor, die Kanone umzubauen, um die Böller mit einem Gemisch aus Gas und Sauerstoff zu erzeugen. Ein tragender Eichenbalken wurde von ihm aus der Kanone entnommen und durch ein äußerst starkwandiges Rohr ersetzt. Um die Kanone besser ziehen zu können, wurden gleichzeitig die alten Eisenräder ausgetauscht gegen zwei gummibereifte Japanräder getauscht. In dieser neuen Form und mit dem beschriebenen Gasgemisch wurde die Kanone dann knapp 20 Jahre durch Hermann Brinkmann beschossen. Dazu lag eine Genehmigung der Soester Kreispolizeibehörde vor, der Brinkmann eine Schießerlaubnis auf Widerruf ausstellte.
Nach Ausscheiden Hermann Brinkmanns aus dem Vorstand übernahm die Aufgabe des Böllerns sein Schwiegersohn Heiner Konert, der nach Absolvierung eines staatlichen Lehrganges dann aber wieder zum Beschuss der Kanone mit Schwarzpulver zurückkehrte. Da für die Kanone bis zu diesem Zeitpunkt kein Beschusszeichen eines staatlichen Beschussamtes vorlag, wurde ein solches vom Beschussamt in Hannover ohne Beanstandung erworben.
Noch heute wird die Böllerkanone in jedem Festumzug des Bad Waldliesborner Schützenfestes unter Führung von Leutnant Heiner Konert, seinem Stellvertreter Leutnant Dieter Einhoff, den Kanonieren Marcel Einhoff, Pascal Einhoff, Jürgen Niehüser und Klaus-Peter Unger stolz präsentiert. Nach wie vor wird mit ihren Böllerschüssen das Fest eröffnet, der neue Schützenkönig proklamiert und der Gefallenen und Verstorbenen des Schützenvereins in Gedenkgottesdiensten gedacht, eine Tradition, die hoffentlich auch in Zukunft aufrechterhalten wird.
Kanoniere
Leutnant
Oberleutnant